Praxiswissen Teil 5

VW Typ 1 Motortuning bei Verwendung des Serienvergasers:

 

Ulrich Eckstein                                                  1.Fassung 2000

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Diese Niederschrift ist im Jahr 2000 entstanden, angeregt durch die vielen Nachfragen, nach Möglichkeiten die Motorleistung eines VW Typ1 Motors besonders kostengünstig zu steigern.

 

Der Umbau auf eine 4 Vergaser Anlage stellt eine hohe Geldausgabe dar, zumal in der Folge weitere Kosten anstehen ( Auspuff, Ölkühlung....)

 

Außerdem ist eine Zulassung mit „H“ Kennzeichen mit einem so umgebauten

Fahrzeug nur schwer möglich.

 

 

 

Im folgenden werden Tuning Vorschläge erörtert, die für den Alltagsbetrieb

geeignet sind.

Höchstleistungs-Tuning für Motoren mit Serienvergaser sind in den USA

up to date für Baja Rennen – ich habe da (leider) keine Erfahrungen.

 

Bei der hier vorliegenden Betrachtung des Motortunings geht es vornehmlich

um die Kosten. Die preiswerten Möglichkeiten werden besonders herausgestellt.

 

Tuning bedeutet Abstimmung!

 

Alle Motor-Komponenten müssen zueinander passen!

Jede Komponente für sich muss, die Belastungen gerade eben ertragen können.

Nur eine herausragende Komponente allein, bewirkt keine Leistungssteigerung,

wenn andere Komponenten nicht mitziehen können.

Nur durch die Anpassung aller Komponenten auf ein konkretes Ziel, wird sich der maximale Erfolg einstellen.

Dieses sind die Kernsätze des Tunings.

 

 

 

Welcher Serienmotor „läuft“ eigentlich am Besten ?

Ist dieser evtl. Werks-getunt ??

 

Nach meinem „Popometer“ ist es der 1,5 liter „H“ Motor! Warum ?

 

 

Motorleistung und Nenndrehzahl

 

Ein Typ 1 Motor mit Serien-Vergaser 34 Pict, kann einen Mitteldruck von ca. 8 bar erreichen.

Dieser Wert ist bauartbedingt und ist ohne erheblichen Aufwand nicht deutlich

veränderbar.

Dieser Mitteldruck ist weitgehend unabhängig von Ventilgrößen, Verdichtungsverhältnissen, Kipphebeln und sonstigen Katalog Angeboten.

 

Durch diesen relativ feststehenden Wert ergibt sich für den Tuner eine entscheidende

Aussage : Die Motorleistung wird nicht durch z.B. große Kanäle, Nockenwellen, Doppelfedern usw. direkt beeinflußt.

Vielmehr gilt : Die Literleistung (PS pro 1000 ccm) steigt linear mit der Nenn-Drehzahl.

Die oben genannten Zutaten wie: Steuerzeiten, Ventilgrößen... sind nur dazu da, diese Drehzahlen auch zu erreichen.

 

Wobei eben alle Teile des Motors in der Lage sein müssen das angestrebte Drehzahl-Ziel zu erreichen. Eine hervorragende Komponente bewirkt garnichts, sondern stellt vielmehr eine unnütze Geldausgabe dar.

Beispiel Ventilfedern: Serienventilfeder begrenzen die maximale Drehzahl auf

Ca. 5700min-1. Eine "scharfe" Nockenwelle, bei der sich das Leistungsmaximum (n1) bei 6500 min-1 einstellen würde, wäre somit wenig wirksam, da diese Drehzahl nicht erreichbar wäre.

Alle Komponenten müssen das gleiche Ziel, und möglichst nicht mehr erreichen können.

Das Drehzahl- oder Leistungs- Ziel läßt sich mit Hilfe einer Formel in einen konkreten Zusammenhang bringen.

 

Durch den vorgegebenen Wert für den Mitteldruck läßt sich die Motorleistung mit

folgender Formel bestimmen:

 

P (PS) = Hubraum (Ltr.) x Nenn-Drehzahl ( N / 1000 ) x ca. 9

 

Da der Hubraum des von Ihnen gebauten oder geplanten Motors vielleicht schon feststeht, sowie der umgeschlüsselte Wert für den Mitteldruck in Höhe von ca. UX

(siehe unten) ebenfalls feststeht, ergibt sich für eine gewünschte Leistung immer eine erforderliche Nenn-Drehzahl.

Und wenn diese erforderliche Nenndrehzahl feststeht, können alle Motorkomponenten auf dieses Nenndrehzahl-Ziel hin abgestimmt / getuned werden.

 

UX                               umgeschlüsselter Wert für den Mitteldruck :

                                               ca.       9          für Motoren mit Serienvergaser  VW Typ1

                                               ca.       13        für Rennmotoren VW Typ 1

                                               ca.       16,5     für Formel 1 Motoren

                                               ca.       17        für Formel 3 Motoren

                                               ca.       50        für Formel 1 Turbo Motoren

 

Als Beispiel mag ein Motor in der sehr populären Auslegung mit 1776 ccm dienen:

 

Dieser Motor kann, bei guter Zusammenstellung, folgende Leistungen erreichen:

 

70 PS bei 4300 min-1

 

82 PS bei 5000 min-1

 

Saugrohr und Vergaser

 

Da das Saugrohr und der Vergaser nicht geändert werden sollen, beschränken sich die Modifikationen auf die Zylinderköpfe und die Nockenwelle und den Hubraum,

Und evtl. den Auspuff.

 

 

Nockenwelle

 

Die Zusammenführung der Einlasskanäle im Serien-Ansauggeweih, kann

bei unrichtiger Auswahl der Nockenwelle schnell zu einer starken Beeinträchtigung der Fahrbarkeit führen.

Insbesondere ist hierfür das Maß der Überschneidung verantwortlich.

Bei Motoren mit von einander unabhängigen Saugrohren ist eine große Überschneidung leistungssteigernd bei hohen Drehzahlen.

Für Motoren mit Serienvergaser ist die Auswahl der Nockenwellen

stark eingeschränkt.

Bei einem so vorgegebenen Grenzwert für die Überschneidung kann eine

leistungssteigernde Nockenwelle nur einen größeren Ventilhub

und/oder eine drehzahlorientierte Auslegung bieten.

Eine größere Öffnungszeit ist nur bei steilen Nockenrampen möglich.

 

Die unten aufgeführten Nockenwellen

liefern ca. 9,2 mm bis 10,3mm Ventilhub,

bei ca. 270 grad Öffnungswinkel, und erzeugen eine

deutlich unterschiedliche Motorcharakteristik, da die Überschneidung

und die Einstellung unterschiedlich ist.

 

 

E 222

Eagel 2236

Engle W 100

Engle VZ 14

Scat C 25

 

Beschreibung der Nockenwellen:

 

 

E 222 

 

Überschneidung       gering, ähnlich der Seriennockenwelle.

Einstellung                früh, auf Drehmoment ausgelegt.

Extras                         großer Ventilhub.

 

Ergebnis                    sehr gute „Fahrbarkeit“, keine Beeinträchtigung des

                                   Übergangsverhaltens, hohes Drehmoment, geringer Verbrauch.

 

                       

 

Eagel 2236

 

Überschneidung       gering, da flache Rampen.

Einstellung                symmetrisch zum Totpunkt.

Extras                         großer Öffnungswinkel, geringer Ventilhub.

                                   (Schleicher Nockenwelle aus USA Produktion)

 

Ergebnis                    gute „Fahrbarkeit“, kaum Beeinträchtigung des

                                   Übergangsverhaltens,  sehr drehfreudig.

 

Engle W 100

 

Überschneidung       mittel

Einstellung                früh, auf Drehmoment ausgelegt.

Extras                         von allem etwas !

 

Ergebnis                    akzeptable Fahrbarkeit, geringe Beeinträchtigung des

                                   Übergangsverhaltens, Drehmoment und Drehzahl orientiert.

                                   Hohe Leistung.

 

Engle VZ 14

 

Überschneidung       groß, durch steile Nockenrampen

Einstellung                früh, auf Drehmoment ausgelegt

Extras                         großer Öffnungswinkel, sehr großer Ventilhub.

 

Ergebnis                    größere Beeinträchtigung des Übergangsverhaltens,

hohes Drehmoment und hohe Leistung.

 

Scat C 25                  

 

Überschneidung       mittel

Einstellung                symmetrisch zum Totpunkt, Drehzahl orientiert.

Extras                        

 

Ergebnis                    Beeinträchtigung des Übergangsverhaltens,

                                   hohe Leistung bei hohen Drehzahlen.                

 

 

 

Saugrohr und Vergaser 2

 

Nach meiner Auffassung wurde der Doppelkanal Zylinder-Kopf nur für

den „ Ersten serienmäßig hergestellten Pkw mit Einspritz-Motor“ hergestellt.

Sie ahnen es  - es war ein Volkswagen! ( VW  Typ 3 )

Andere Gründe kann es eigentlich nicht gegeben haben.

 

Mit der Umstellung der Typ 1 Motoren von Einkanal Zylinderkopf

auf Doppelkanal Zylinderkopf stieg die Motorleistung um ca. 8% bei einer

ca. 5% höheren Drehzahl.

 

Da die Saugrohrlänge durch den mittig stehenden Vergaser vorgegeben

ist, bewirkt eine Vergrößerung des Saugrohr-Durchmessers lt. E.Ansorg/

Strömungslehre eine Heraufsetzung der Drehzahl bei der das größte

Drehmoment/Füllung erzielt werden kann.

 

So erklärt sich für mich das „Werkstuning“:

 

Beim „H“ und „AG“ Motor sind Hubraum und Ansaugrohr/Vergaser

sehr gut auf einander abgestimmt.

Beim „AB“ Motor passen diese Teile nicht so recht zusammen.

 

Noch unpassender ist die Verwendung eines extra großen Saugrohres!

(15% größerer Durchlaß / USA Angebot) oder die Verwendung eines großen

Zentral Vergasers.

Diese Umbauten könnten vielleicht eine höhere Spitzenleistung

erreichen, die Einbuße an Fahrbarkeit halte ich jedoch für unakzeptabel.

Zumal hier die Kosten für eine Leistungssteigerung vordergründig sein sollen.

Mit der Verwendung eines speziellen Saugrohres, eines speziellen Vergasers,

oder gar eines zentralen Doppelvergasers samt Ansaugrohr und einer abgestimmten

Nockenwelle, ist dann doch eine Ausgaben-Höhe erreicht die im Bereich

der Doppelvergaser-Anlagen liegen.

Derartige Umbauten sind auch nicht „History-konform“, sei es für ein H-Kennzeichen

oder den seriennahen oder historischen Motorsport.

 

 

 

Bei Verwendung des „großen VW Ansaugrohres“ („AL“,“AS“..),

lässt sich, durch eine Anpassung der Nockenwelle wieder ein

ein abgestimmter Motor erzeugen.

Diesen musste Volkswagen Anfang der 70er in der Schublade

liegen lassen, da verschärfte Abgasvorschriften zum schnellen Handeln zwangen –

die Fahrzeuge 1302/1303 und 1200S wurden durch Umstellung der

Zündverteiler zwar „schadstoffärmer“ (im Leerlauf) hatten durch

diese Umstellung jedoch schnell das berechtigte „Säufer“-Prädikat!

 

(Appropo Säufer: Bei korrekter Abstimmung und Einstellung darf

ein Typ 1 Fahrzeug: 0,9xFahrzeuggewicht/100 = Liter/100km verbrauchen. )

 

 

 

Zylinderköpfe

 

Bei der Verwendung des Serienvergasers, spielt eine besondere Auswahl

der Zylinderköpfe eine sehr untergeordnete Rolle.

Eine Ventilbestückung: Einlaß 35,5 mm und Auslaß 32 mm ist, sowohl erforderlich,

als auch ausreichend.

Ein „Ausputzen“ der Brennräume, sowie ein Verrunden der Kanten des

Wannenbrennraumes sind angezeigt, wenn das Verdichtungsverhältnis

höher als ca. 8,5 gewählt wird.

 

 

 

Hubraum und Verdichtung

 

Der Hubraum des Serienmotors beträgt 1584 ccm.

Die Verdichtung ca. 7,5:1.

 

Bei den im Juli 2000 geforderten Kraftstoff-Preisen ist das Tanken von Kraftstoff mit

geringerer Oktan Zahl unwirtschaftlich.

 

Das Verdichtungsverhältnis kann also etwas höher gewählt werden, um die

gelieferte chemische Energie auch auszunutzen.

 

Um bei einem vorhandenen Motor das Verdichtungsverhältnis heraufzusetzen,

ist es nötig, die Zylinder Köpfe auszudrehen, oder den Hubraum zu vergrößern.

 

Einige der angebotenen neuen Zylinderköpfe liefern „von Haus aus“

schon eine erhöhte Verdichtung von ca. 8,4:1.

 

Ein ausdrehen der vorhandenen gebrauchten Köpfe ist nicht lohnend!

 

Wenn im Rahmen der Motorüberholung auch neue Kolben/Zylinder verbaut

werden müssen, können Sie auch 87mm Kolben (1641ccm) verbauen.

 

Mit diesen Auslegungen: d.h.:  erhöhte Verdichtung und Sportnockenwelle

ergeben sich ca. 60 bis 70 PS. (je nach Nockenwelle/Drehzahl n1)

 

Bei einer weiteren Vergrößerung des Hubraumes muß das Kurbelgehäuse,

und die Zylinderköpfe aufgebohrt werden, außerdem wird der Kauf von

Schmiedekolben samt passender Zylinder nötig.

 

Für einen Motor mit Serienvergaser kann durchaus eine Bohrung von

92 mm gewählt werden (1835ccm)

 

Im Rahmen der hierzu nötigen Arbeiten kann dann auch das Verdichtungs-

Verhältnis richtig ausgelegt werden.

 

Je nach Auslegung der Nockenwelle lassen sich so ca. 70 – 85 PS erzielen.

 

Eine weitere Vergrößerung des Hubraumes steht kostenmäßig

in einem extrem ungünstigen Verhältnis zur gewinnbaren Mehrleistung.

Eine Vergrößerung des Hubraumes auf z.B. 2,1 ltr., bedingt:

eine andere Kurbelwelle, eine Bearbeitung des Kurbelgehäuses,

also zusätzliche Kosten in Höhe von ca. DM 2500,-.

Und dies für eine ca. 12% Leistungssteigerung.

 

Auch bei „H“istorischen Fahrzeugen, ist dann die Suche nach

historischen Tuning Teilen (z.B. Riechert Zwei-Vergaser Anlage)

sinnvoller!

 

Alle oben beschriebenen Motor Auslegungen, besonders die der Nockenwellen,

sind auch sehr gut mit historischen Vergaser-Anlagen kombinierbar!

 

Zweivergaser Anlagen, z.B. 2 x 34 PCI oder die Typ 3 Vergaser-Anlage

(für H Fahrzeuge ab EZ 65 regelkonform!)

reagieren durch die Zusammenführung der Ansaugkanäle ähnlich empfindlich

auf „scharfe“Nockenwellen, wie bei der Verwendung des Serienvergasers.

 

 

 

WIRD LAUFEND ÜBERARBEITET !

 

Ulrich Eckstein      26.9.00